Polynomdivision mit Textverarbeitung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Augenbit

Zeile 2: Zeile 2:
__NOEDITSECTION__
__NOEDITSECTION__


===Wir basteln uns ein Polynom===
===Vorbetrachtung: Wir basteln uns ein Polynom===
Gesucht ist ein Polynom f dritten Grades mit den Nullstellen
Gesucht ist ein Polynom f dritten Grades mit den Nullstellen
: x_1 =-5; x_2 =2 und x_3 =1
: x_1 =-5; x_2 =2 und x_3 =1


====Lösungsansatz:====
'''Lösungsansatz:'''
: f(x) =(x +5) *(x -2) *(x -1)  
: f(x) =(x +5) *(x -2) *(x -1)  


Zeile 13: Zeile 12:


Ausmultiplizieren der beiden vorderen Klammern:
Ausmultiplizieren der beiden vorderen Klammern:
: f(x) =(x^2 +5x -2x -10) *(x -1)
: f(x) =(x^2 +5x -2x -10) *(x -1)
: f(x) =(x^2 +3x -10) *(x -1)
: f(x) =(x^2 +3x -10) *(x -1)


Ausmultiplizeren dieser beiden Klammern:
Ausmultiplizeren dieser beiden Klammern:
: f(x) =x^3 +3x^2 -10x -x^2 -3x +10  
: f(x) =x^3 +3x^2 -10x -x^2 -3x +10  
: f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10
: f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10


Man erkennt, dass beim Ausmultiplizieren das absolute Glied 10 entstanden ist als Produkt der negativ genommenen Nullstellen:  
Man erkennt, dass beim Ausmultiplizieren das absolute Glied 10 entstanden ist als Produkt der negativ genommenen Nullstellen:  
: 5 *(-2) *(-1) = 10


: 5 *(-2) *(-1) = 10
'''Und jetzt umgekehrt:'''


===Und jetzt umgekehrt: Vom Polynom zu den Nullstellen durch Polynomdivision===
Vom Polynom zu den Nullstellen durch Polynomdivision
Gesucht sind die Nullstellen des Polynoms  
Gesucht sind die Nullstellen des Polynoms  
: f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10


: f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10
'''Gezieltes Erraten einer Nullstelle'''


====Gezieltes Erraten einer Nullstelle====
Die Grundidee besteht nun darin, eine Nullstelle x_1 zu "erraten" und dann das Polynom durch den Ausdruck (x -x_1) zu teilen, um ein "Restpolynom" geringeren Grades zu erhalten, das dann die eventuell außerdem noch vorhandenen Nullstellen besitzt.
Die Grundidee besteht nun darin, eine Nullstelle x_1 zu "erraten" und dann das Polynom durch den Ausdruck (x -x_1) zu teilen, um ein "Restpolynom" geringeren Grades zu erhalten, das dann die eventuell außerdem noch vorhandenen Nullstellen besitzt.


Zeile 74: Zeile 72:
Ergebnis:
Ergebnis:
: ax^2 +bx +c =x^2 +3x -10
: ax^2 +bx +c =x^2 +3x -10
Man sieht, dass dies genau dem "Zwischenpolynom" entspricht, das beim Basteln des Polynoms durch Ausmultiplizieren der beiden ersten Klammern entstanden ist.
Man kann nun die pq-Formel auf das Polynom x^2 +3x -10 anwenden, um die beiden anderen Nullstellen zu berechnen.


===Polynomdivision Variante 2: "schrittweise Bestimmung des Restpolynoms"===
===Polynomdivision Variante 2: "schrittweise Bestimmung des Restpolynoms"===
Zeile 116: Zeile 117:
: = x^2 +3x -10 +C
: = x^2 +3x -10 +C
: = x^2 +3x -10
: = x^2 +3x -10
Man sieht, dass dies genau dem "Zwischenpolynom" entspricht, das beim Basteln des Polynoms durch Ausmultiplizieren der beiden ersten Klammern entstanden ist.
====5. Schritt: ====
Man kann nun die pq-Formel auf das Polynom x^2 +3x -10 anwenden, um die beiden anderen Nullstellen zu berechnen.


===Methodische Anmerkungen===
===Methodische Anmerkungen===
Das hier vorgestellte Verfahren entspricht im Kern der bekannten Polynomdivision. Verschieden ist nur die Art des Aufschreibens:  
Die zweite Variante der beiden hier vorgestellte Verfahren entspricht im Kern der bekannten Polynomdivision. Verschieden ist nur die Art des Aufschreibens:  


Bei der üblichen Polynomdivision entsteht eine "Treppenstruktur", bei der das korrekte Untereinanderschreiben entsprechender Ausdrücke wichtig ist - teilweise über mehrere Zeilen und "Leerräume" hinweg. Dies ist am PC - speziell bei Verwendung eines Screenreaders oder einer Vergrößerungssoftware - schwierig. Auch die "künstliche" Verpackung in eine Tabellenstruktur ist keine wirkliche Erleichterung.  
Bei der üblichen Polynomdivision entsteht eine "Treppenstruktur", bei der das korrekte Untereinanderschreiben entsprechender Ausdrücke wichtig ist - teilweise über mehrere Zeilen und "Leerräume" hinweg. Dies ist am PC - speziell bei Verwendung eines Screenreaders oder einer Vergrößerungssoftware - schwierig. Auch die "künstliche" Verpackung in eine Tabellenstruktur ist keine wirkliche Erleichterung.  
Zeile 132: Zeile 125:
Die konventionelle Form der Polynomdivision, die i.d.R. "von Hand" durchgeführt wird, kommt dafür mit geringem Schreibaufwand aus. Dieser Vorteil ist allerdings bei Verwendung einer Textverarbeitung nicht so entscheidend, da sie die Möglichkeit bietet, auch größere Ausdrücke von einer Zeile in die nächste einfach und schnell zu kopieren.  
Die konventionelle Form der Polynomdivision, die i.d.R. "von Hand" durchgeführt wird, kommt dafür mit geringem Schreibaufwand aus. Dieser Vorteil ist allerdings bei Verwendung einer Textverarbeitung nicht so entscheidend, da sie die Möglichkeit bietet, auch größere Ausdrücke von einer Zeile in die nächste einfach und schnell zu kopieren.  


Eben diese Möglichkeit ist in dem hier vorgestellten Verfahren gut anwendbar, denn hier wird die Lösung schrittweise von einer Zeile zur nächsten Zeile entwickelt - ohne auf Leerräume und Spalten Rücksicht nehmen zu müssen.
Eben diese Möglichkeit ist in den beiden hier vorgestellten Verfahren gut anwendbar, denn hier wird die Lösung schrittweise von einer Zeile zur nächsten Zeile entwickelt - ohne auf Leerräume und Spalten Rücksicht nehmen zu müssen.
 
Die erste Variante (Koeffizientenvergleich) ist weniger schreibaufwendig als die zweite und ermöglicht dennoch ein zeilenorientiertes Vorgehen und einen Verzicht auf die Treppendarstellung. Allerdings funktioniert diese Variante nur, wenn die Division "ohne Rest aufgeht". Manchmal wird die Polynomdivision aber auch verwendet, um eine gebrochen-rationale Funktion in ihren ganz-rationalen und ihren echt-gebrochen-rationalen Teil aufzuspalten (Stichwort "Asymptotenbestimmung"). Hierfür eignet sich Variante 1 nicht, während Variante 2 auch hier zum Ziel führt.
 


Ulrich Kalina, blista Marburg, 29.02.2008
Ulrich Kalina, blista Marburg, 12.03.2008

Version vom 11. März 2008, 12:21 Uhr


Vorbetrachtung: Wir basteln uns ein Polynom

Gesucht ist ein Polynom f dritten Grades mit den Nullstellen

x_1 =-5; x_2 =2 und x_3 =1

Lösungsansatz:

f(x) =(x +5) *(x -2) *(x -1)

Jede der drei Nullstellen bewirkt beim Einsetzen in die Gleichung, dass genau eine der drei Klammern zu 0 wird - und damit das ganze Produkt aller drei Klammern.

Ausmultiplizieren der beiden vorderen Klammern:

f(x) =(x^2 +5x -2x -10) *(x -1)
f(x) =(x^2 +3x -10) *(x -1)

Ausmultiplizeren dieser beiden Klammern:

f(x) =x^3 +3x^2 -10x -x^2 -3x +10
f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10

Man erkennt, dass beim Ausmultiplizieren das absolute Glied 10 entstanden ist als Produkt der negativ genommenen Nullstellen:

5 *(-2) *(-1) = 10

Und jetzt umgekehrt:

Vom Polynom zu den Nullstellen durch Polynomdivision Gesucht sind die Nullstellen des Polynoms

f(x) =x^3 +2x^2 -13x +10

Gezieltes Erraten einer Nullstelle

Die Grundidee besteht nun darin, eine Nullstelle x_1 zu "erraten" und dann das Polynom durch den Ausdruck (x -x_1) zu teilen, um ein "Restpolynom" geringeren Grades zu erhalten, das dann die eventuell außerdem noch vorhandenen Nullstellen besitzt.

Es bietet sich an, diejenigen ganzen Zahlen als Nullstellen zu überprüfen, die als Faktor im absoluten Glied 10 enthalten sind. Dies sind die Zahlen: +1, -1, +2, -2, +5, -5, +10 und -10.

Überprüfung der Zahl 1 führt zum Erfolg:

f(1) =1^3 +2*1^2 -13*1 +10 =1 +2 -13 +10 =0

Die eigentliche Polynomdivison beginnt nun mit der Aufgabe, folgenden Ausdruck zu berechnen:

(x^3 +2x^2 -13x +10) / (x -1) = ?

Hierfür gibt es nun verschiedene Verfahrensvarianten, die im Einzelnen vorgestellt und anschließend unter methodischen Gesichtspunkten miteinander verglichen werden sollen.

Polynomdivision Variante 1: "Koeffizientenvergleich"

Ansatz: Die Division eines Polynom 3. Grades durch (x -1) ergibt als Ergebnis ein Polynom 2. Grades ax^2 +bx +c mit den zunächst unbekannten Koeffizienten a, b und c:

(x^3 +2x^2 -13x +10) / (x -1) = ax^2 +bx +c | *(x -1)
(x^3 +2x^2 -13x +10) = (ax^2 +bx +c) *(x -1)
x^3 +2x^2 -13x +10 = ax^3 +bx^2 +cx -ax^2 -bx -c
x^3 +2x^2 -13x +10 = ax^3 +(b -a)x^2 +(c -b)x -c

Man erkennt sofort durch Vergleich der Koeffizienten vor x^3:

a =1

Durch Vergleich des absoluten Gliedes erhält man:

-c =10
c =-10

Durch Vergleich der Koeffizienten in den quadratischen Termen erhält man

2 =b -a
2 =b -1
b =3

Zur Kontrolle kann man noch die Koeffizienten in den linearen Termen vergleichen:

-13 =c -b
-13 =-10 -3

Ergebnis:

ax^2 +bx +c =x^2 +3x -10

Man sieht, dass dies genau dem "Zwischenpolynom" entspricht, das beim Basteln des Polynoms durch Ausmultiplizieren der beiden ersten Klammern entstanden ist. Man kann nun die pq-Formel auf das Polynom x^2 +3x -10 anwenden, um die beiden anderen Nullstellen zu berechnen.

Polynomdivision Variante 2: "schrittweise Bestimmung des Restpolynoms"

1. Schritt:

Teilen des Ausgangspolynoms 3. Grades durch den Ausdruck (x -1), um ein Polynom 2. Grades zu erhalten, das die beiden noch unbekannten Nullstellen besitzt:

(x^3 +2x^2 -13x +10) / (x -1) = ?

Wenn man in jeder Klammer nur den jeweils vorderen x-Ausdruck betrachtet, ergibt sich: x^3 / x =x^2. Dies ist natürlich nur ein sehr grobes Ergebnis, da wir ja die anderen Summanden in den Klammern nicht berücksichtigt haben. Um diesen "Fehler" zu kompensieren, addieren wir zum Ausgleich den "Restausdruck" A zum Ergebnis:

(x^3 +2x^2 -13x +10) / (x -1) = x^2 +A | *(x -1)
x^3 +2x^2 -13x +10 = x^2 *(x -1) +A *(x -1)
x^3 +2x^2 -13x +10 = x^3 -x^2 +A *(x -1) | -x^3 +x^2
3x^2 -13x +10 =A *(x -1) | /(x -1)
3x^2 -13x +10 / (x -1) = A

2. Schritt:

Wiederholung des 1. Schrittes mit dem Ausgangspolynom A und dem "Restausdruck" B:

A =3x^2 -13x +10 / (x -1) =3x +B | *(x -1)
3x^2 -13x +10 =3x *(x -1) +B *(x -1)
3x^2 -13x +10 =3x^2 -3x +B *(x -1) | -3x^2 +3x
-10x +10 =B *(x -1) | / (x -1)
(-10x +10) / (x -1) =B

3. Schritt:

Wiederholung des 1. Schrittes mit Ausgangspolynom B und Restausdruck C:

B =(-10x +10) / (x -1) =-10 +C | *(x -1)
-10x +10 =-10x +10 +C*(x -1) | +10x -10
0 =C *(x -1)

(x -1) kann nicht 0 sein, denn sonst hätte man von Anfang an nicht dadurch dividieren dürfen. Daher bleibt nur:

C =0

4. Schritt:

Zusammenfassung mit schrittweiser Ersetzung von C, B und A:

(x^3 +2x^2 -13x +10) / (x -1)
= x^2 +A
= x^2 +3x +B
= x^2 +3x -10 +C
= x^2 +3x -10

Methodische Anmerkungen

Die zweite Variante der beiden hier vorgestellte Verfahren entspricht im Kern der bekannten Polynomdivision. Verschieden ist nur die Art des Aufschreibens:

Bei der üblichen Polynomdivision entsteht eine "Treppenstruktur", bei der das korrekte Untereinanderschreiben entsprechender Ausdrücke wichtig ist - teilweise über mehrere Zeilen und "Leerräume" hinweg. Dies ist am PC - speziell bei Verwendung eines Screenreaders oder einer Vergrößerungssoftware - schwierig. Auch die "künstliche" Verpackung in eine Tabellenstruktur ist keine wirkliche Erleichterung.

Die konventionelle Form der Polynomdivision, die i.d.R. "von Hand" durchgeführt wird, kommt dafür mit geringem Schreibaufwand aus. Dieser Vorteil ist allerdings bei Verwendung einer Textverarbeitung nicht so entscheidend, da sie die Möglichkeit bietet, auch größere Ausdrücke von einer Zeile in die nächste einfach und schnell zu kopieren.

Eben diese Möglichkeit ist in den beiden hier vorgestellten Verfahren gut anwendbar, denn hier wird die Lösung schrittweise von einer Zeile zur nächsten Zeile entwickelt - ohne auf Leerräume und Spalten Rücksicht nehmen zu müssen.

Die erste Variante (Koeffizientenvergleich) ist weniger schreibaufwendig als die zweite und ermöglicht dennoch ein zeilenorientiertes Vorgehen und einen Verzicht auf die Treppendarstellung. Allerdings funktioniert diese Variante nur, wenn die Division "ohne Rest aufgeht". Manchmal wird die Polynomdivision aber auch verwendet, um eine gebrochen-rationale Funktion in ihren ganz-rationalen und ihren echt-gebrochen-rationalen Teil aufzuspalten (Stichwort "Asymptotenbestimmung"). Hierfür eignet sich Variante 1 nicht, während Variante 2 auch hier zum Ziel führt.


Ulrich Kalina, blista Marburg, 12.03.2008